WENN TRADITION ZU TIERQUÄLEREI WIRD

10. Juni 2025

Kaum auszuhalten sind die Aufnahmen vom diesjährigen Wildpferdefang in Dülmen: Rund 15.000 Schaulustige jubeln, wenn die freilebende Herde in die Arena galoppiert. Team Tierschutz war vor Ort und dokumentierte, wie aus der Unterhaltungsshow und langjährigen Tradition blanke Angst wurde. Der traditionelle “Wildpferdefang” zur Erhaltung einer gesunden Herde offenbart sich durch unsere Videos als brutales Tierleid. Anstatt ruhiger Selektion erleben die Tiere Todesangst und werden teilweise verletzt – dabei gibt es Alternativen!


Dülmen – Verängstigte Jährlinge mit weit aufgerissenen Augen, fixiert an Metallbarren, immer wieder bricht ein Jungtier zusammen und versucht mit letzter Kraft aus der Situation zu entkommen. Pferde werden aus vollem Galopp zu Boden gerissen. Ein anderes Pferd hat eine Platzwunde über dem Auge. Die Liste ist lang und die dokumentierten Bilder sprechen für sich: Das Verhalten der Pferde weist klar auf eine massive Stressbelastung hin. Die Pferde zeigen immer wieder panische Fluchtreaktionen und deutliches Abwehrverhalten, wenn sie an der Flucht gehindert werden. Ein Fohlen legt sich in der Arena flach auf die Seite, nachdem es eingefangen wurde. Kein Anzeichen für Sturheit, sondern für einen absoluten Erschöpfungszustand, wie Verhaltensbiologin (M.Sc.) und Doktorandin der Agrarwissenschaften, Annkatrin Pahl, bestätigt. Die getriebenen Pferde zerren an den Halftern und steigen heftig hoch. Was als Kulturveranstaltung inszeniert wird, bedeutet für die Tiere einen Ausnahmezustand. Ihre psychische und physische Unversehrtheit wird nicht nur riskiert, sondern wissentlich in Kauf genommen und vielfach verletzt.

Dabei kennen die “Dülmener Pferde” so gut wie keinen menschlichen Kontakt. Bis zu dem Tag, an dem mehrere Personen einmal jährlich in einer Arena hinter ihnen herrennen, sie zu Boden werfen, in den Schwitzkasten nehmen oder durch gezielte Griffe am Ohr versuchen, den Kopf zu fixieren. Für Pferde als Tiere mit einem stark ausgeprägten Fluchtinstinkt ist diese Situation der totale Kontrollverlust und kann sogar als lebensbedrohlich wahrgenommen werden.

Und wofür das alles? Die Kassen sollen klingeln. Ein Ticket für das Spektakel kostet zwischen 18  und 48 Euro. Somit belaufen sich die Einnahmen unseren Rechnungen zufolge allein für den Ticketverkauf auf rund 400-500.000 Euro jährlich.

Die Dülmener Werbetrommel beschreibt den “Wildpferdefang” als folkloristisches Highlight. Laut Veranstalter dient er der Arterhaltung – zu viele Hengste würden in Rivalenkämpfe geraten. Presseberichte feiern das Spektakel als „Erlebnis für Pferdefreunde“. Während die Besucher Foto- und Video-Chancen nutzen, durchleiden die Tiere unvorstellbare Ängste. Doch das romantisierte Bild einer heilen Wildnatur bröckelt: Das sogenannte Dülmener Wildpferd ist kein echtes Wildpferd, sondern eine jahrhundertealte heimische Ponyrasse. Etwa 400 dieser Pferde leben in einem abgezäunten Schutzgebiet, dem Merfelder Bruch. Der jährliche Fang dient vor allem dem Eigennutz des Besitzers: Die verkauften Hengste sowie die Eintrittsgelder spülen eine Menge Geld ein, das laut Frau Dr. Bohnet (Verhaltensbiologin von der Tierärztlichen Hochschule Hannover und Betreuerin des Spektakels seit 2007) zur Finanzierung der Herde benötigt wird. Wir fragen uns: Geht es am Ende vielleicht doch gar nicht um Artenschutz, sondern nur darum, sich Jahr für Jahr an dem Leid und der Angst der Tiere zu ergötzen?

„Wir fordern eine grundsätzliche Änderung der Methodik, da es tatsächlich eine deutlich tierfreundlichere Alternative gibt! Die betreuende Verhaltensforscherin bestätigte uns nämlich, dass sie die Junghengste zu Zeiten der Pandemie mittels Schleusen separiert haben. Das lief ihrer Aussage zufolge absolut stressfrei ab.“, erklärt Samara Eckardt, Geschäftsführerin von Team Tierschutz. „Die einzigen Gründe, dieses für die Tiere belastende Ereignis weiter stattfinden zu lassen, seien wirtschaftlich motiviert. Wir möchten deshalb nun ein lösungsorientiertes Gespräch anbieten, damit wir gemeinsam überlegen können, wie es finanziell möglich bleibt, den Bestand der Herde zu sichern – jedoch mit nachhaltigen Bildungsprojekten zum Beispiel und nicht auf Kosten der Tiere!” Pferdefang darf kein Volksfest sein, bei dem das Leid der Tiere Programm ist. Etwas ändern können wir alle – beispielsweise indem niemand mehr an diesem Event teilnimmt oder zuschaut.

ansprechpartnerin

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Frau Samara Eckardt (Geschäftsführerin)

 

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